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Das Fürstenfeldbrucker Tagblatt berichtete am 9. Oktober 2020:

Sie haben ein Klavierstück komponiert, Japanisch gelernt, ein 30-seitiges Konzept mit Lerntipps geschrieben oder ein Buch illustriert. Zwölf Schüler des Puchheimer Gymnasiums haben während des vergangenen Schuljahres erstmals selbstständig ganz besondere Projekte erarbeitet. Dafür durften sie sich auch aus dem Unterricht herausnehmen. Beim sogenannten Drehtürmodell können sich Schüler der siebten und achten Klasse während des Schuljahrs eigenständig und außerhalb vom Unterricht mit einem Thema ihrer Wahl intensiv beschäftigen. „Wir haben ganz bewusst überlegt, wie wir Begabung fördern können“, erklärt Lehrerin Cornelia Scherf-Krass. Die Lehrerkonferenz am Ende des vorangegangenen Schuljahres legt dabei fest, welche Kinder geeignet sind. Für ihr Projekt dürfen sie in Absprache mit dem Fachlehrer jede Woche bis zu vier Unterrichtsstunden verpassen. Den versäumten Stoff müssen sie in Eigenregie nachholen.

Lea Wächtershäuser hat vor allem auf Englisch-Stunden verzichtet. „Ich habe viereinhalb Jahre in den USA gelebt. Da war das kein Problem.“ Die 14-Jährige hat stattdessen Japanisch gelernt. „Ich habe schon immer gerne japanische Anime-Serien gesehen und Manga-Comics gelesen. Dadurch habe ich mich mit dem Land und der Kultur beschäftigt. Mich hat vor allem der Gegensatz von Hightech und traditionellen Dörfern mit alten Tempeln fasziniert“, sagt sie. Zunächst musste Wächtershäuser ein komplett neues Alphabet pauken. „Dann habe ich 5000 Schriftzeichen für den Alltagsgebrauch auswendig gelernt. Den Feinschliff habe ich von einer Muttersprachlerin in einem Sprachkurs bekommen.“ Inzwischen spricht sie Japanisch auf A2-Level, sie kann also bekannte Wörter und Redewendungen verstehen und sicher anwenden.

Mit Hightech an sich beschäftigte sich Alexander Wersching. Der 15-Jährige hat einen Roboter gebaut und programmiert. Dieser findet nun selbstständig den Weg von A nach B. Dabei erkennt er mithilfe eines Infrarot-Sensors Hindernisse und umfährt sie. Alexander hatte bereits Robotik als Wahlfach. Dort arbeiteten die Schüler vor allem in einer Standard-Programmiersprache. „Mich hat es gereizt, etwas komplexer zu programmieren und mehr zu machen“, sagt er. Das war durchaus eine Herausforderung. „Der Roboter sollte zum Beispiel einfach nur geradeaus von einem Feld zum anderen fahren. Er hat sich aber umgedreht, ist zurückgefahren, hat sich noch einmal gedreht und ist dann erst zum Ziel gefahren“, berichtet er. Diese Fehler könne man nur finden, wenn man die Programmierung ändert und den Roboter erneut testet. „Das dauert seine Zeit.“

Geduld brauchte auch Amely Malnis. Sie hat das Buch „Die drei Pferdefreundinnen“ illustriert. „Ich fand die Geschichte schön und konnte mir schon beim Lesen die Bilder vorstellen.“ Bevor sie mit dem Zeichnen loslegte, hat sich Malnis umfassend informiert. Sie hatte sich Bücher über Anatomie gekauft, um zu verstehen, wie ein Mensch aufgebaut ist. Außerdem hat sich die Schülerin Videos und Tutorials darüber angeschaut, wie man Menschen und Pferde zeichnet. Auch ihren Zeichenstil musste die 14-Jährige erst einmal finden. „Ich musste überlegen, was zu mir passt und was nicht“, erklärt sie. Letztendlich entschied sie sich, mit sogenannten Alkoholmarkern im Manga-Stil zu malen und zeichnete 14 Bilder. Sehr interessant: „Man sieht darauf, wie sich mein Zeichenstil weiterentwickelt.“ So sind die Hände anfangs nur grob erkennbar, während man später jeden Finger sieht.

Eine ganz eigene Geschichte geschrieben, hat Angelina Roth. Das Werk hat 22 Seiten, es ist nicht ihr erster Versuch als Autorin. Die 14-Jährige hatte schon häufiger etwas Eigenes geschrieben, mit sieben Jahren entstand ihre erste Erzählung. Im Rahmen des Drehtürmodells beschäftigte sie sich aber nun mit verschiedenen Erzähltechniken, schrieb vorher die wichtigsten Szenen auf und überlegte sich die Eigenschaften ihrer Hauptpersonen.

Und es gäbe noch einiges mehr zu erwähnen: Amelie Willig hat ein Klavierstück komponiert, Nika Bungic hat ein 30-seitiges Konzept für Lerntipps erarbeitet und Johanna von Walter hat eine 46-seitige Abhandlung über die Ernährung der Römer verfasst. Das Ergebnis aller Beteiligten kann sich sehen lassen, findet Rektorin Monika Christoph. Die erste Runde des Drehtürmodells sei ein voller Erfolg gewesen, die neuen Teilnehmer stehen schon in den Startlöchern.

Andreas Schwarzbauer (Fürstenfeldbrucker Tagblatt vom 09.10.2020)

Hier die Seite aus dem Fürstenfeldbrucker Tagblatt vom 09.10.2020 als pdf…