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Geschichte am Gymnasium Puchheim

Münchner Widerstand im Dritten Reich – eine Exkursion der Klassen 9m+ab im Januar 2020

„Aber weil ich die Gefahr selbst gewählt habe, muss ich frei, ohne Bindung, dorthin steuern, wohin ich es haben will […]“
Hans Scholl

Der Name Scholl dürfte den meisten bekannt sein. Man verbindet ihn sofort mit der Widerstandsgruppe namens „Weiße Rose“, in der die Geschwister Hans und Sophie Scholl ab 1942 Mitglied waren. Die „Weiße Rose“, die sich während des Nationalsozialismus gegen das Hitlerregime stark machte, ist mitunter eine der populärsten Widerstandsgruppen der NS-Zeit. Aber nicht nur die Mitglieder der „Weißen Rose“ traten überzeugt für ihre Meinung ein, sondern auch zahlreiche weniger bekannte Widerstandskämpfer. Um all denen, die während des Nationalsozialismus eine „nazifreie“ Regierung anstrebten, zu gedenken, begaben wir uns, die Schülerinnen und Schüler der Klasse 9m+A und 9m+B mit Herrn Müller sowie Herrn Rotter am 23.01.2020 auf die Spuren jener Widerstandskämpfer, die vor allem in München tätig waren.

Wir begannen unsere Exkursion an dem ehemaligen Gewerkschaftshaus, das sich damals in der heutigen Pestalozzistraße 40 befand. Dort verweigerte Gottlieb Branz den Nationalsozialisten den Zutritt, weshalb kurz darauf ein Aufenthalt im Konzentrationslager Buchenwald erfolgte. In den folgenden Jahren gab er seinen Widerstandskampf aber nicht auf. Ganz im Gegenteil: Gemeinsam mit seiner Frau Lotte Branz brachte er bis zu seinem Aufenthalt im Konzentrationslager Auschwitz illegale Schriften von A nach B.

Im Gegensatz zu Gottlieb und Lotte Branz versuchte Johann Georg Elser, häufig als „Hitler-Attentäter“ bezeichnet, nicht durch Untergrundhandlungen das nationalsozialistische Regime zu stürzen, sondern durch direkte Angriffe auf die Führungsmächte/obersten Staatsmänner. Am 8. November 1939 verübte Johann Georg Elser wohl das namhafteste aller Attentate auf Adolf Hitler. In den Wochen davor baute er eine Zeitbombe in die Säule direkt hinter Hitlers Rednerpult im Münchner Bürgerbräukeller ein. Sie explodierte am genannten Tag um 21.20 Uhr, doch Adolf Hitler war zu dieser Zeit bereits auf dem Weg nach Berlin, sodass er Elsers Attentat entkam. Nach fünf Jahren Haft wurde Johann Georg Elser durch einen Genickschuss ermordet. Heute befindet sich eine Gedenktafel zu seinen Ehren in der Rosenheimer Straße 29, ehemaliger Ort des Bürgerbräukellers.

Mit der U-Bahn ging es weiter in die Neuhauser Straße zu der St.-Michaels-Kirche, in der Pater Rupert Mayer trotz seines von den Nationalsozialisten erhängten Redeverbots Predigten gegen das NS-Regime hielt. Im Mai 1945 kehrte er aus dem Konzentrationslager Sachsenhausen zurück und verstarb im November des gleichen Jahres an einem Schlaganfall, den er während einer seiner Messen erlitt.

Die vierte Station unserer Exkursion war das noch heute vorhandene Polizeipräsidium in der Ettstraße 2. Einer der Polizisten, die damals dort arbeiteten, war Franz Limmer. 1942 sollte er mit der Einsatzgruppe B gegen die sowjetischen Truppen in den Krieg ziehen. Um die Grausamkeiten, die ihn im Kampf erwarteten, nicht zu ertragen beziehungsweise nicht ausführen zu müssen, gab er vor, psychisch zu labil für den Krieg zu sein, sodass er letztendlich zur Verwaltungspolizei versetzt wurde. Durch seine Verweigerung in den Krieg zu ziehen, leistete er passiven Widerstand und wehrte sich so gegen das Dritte Reich.

Nach dem Besuch im Polizeipräsidium liefen wir weiter zur Ludwigskirche, in der sich regelmäßig die katholische Kinderorganisation „Jungschar“ traf. In dieser war unter anderem Walter Klingenbeck Mitglied, der mit Gleichgesinnten Flugblätter anfertigte, die zu Widerstand gegen das NS-Regime aufriefen. Zudem hörten sie gemeinsam „Feindsender“ ab und verbreiteten Nachrichten über illegal erstelle Radiosender. Aus diesem Grund wurde Walter Klingenbeck im Januar 1942 verhaftet und im August des darauffolgenden Jahres mit nur 19 Jahren im Gefängnis München-Stadelheim hingerichtet.

Um zur Ludwig-Maximilians-Universität München zu gelangen, mussten wir einfach nur die Straße überqueren. Dort warfen wir einen kurzen Blick in die „Denkstätte Weiße Rose“ und gingen anschließend in den Lichtsaal, in dem die von Hans und Sophie Scholl und Alexander Schmorell angefertigten Flugblätter heruntersegelten und die Mitstudierenden zu Widerstand aufriefen. Nachdem die stärksten Mitglieder, darunter auch Hans und Sophie Scholl, hingerichtet worden waren, übernahmen Marie Luise Schultze Jahn und Hans Leipelt sozusagen die Leitung der „Weißen Rose“. Gemeinsam verteilten sie das sechste Flugblatt mit der Überschrift „… und ihr Geist lebt trotzdem weiter!“. Im Oktober 1943 wurden beide festgenommen. Zwei Jahre später richtete man Leipelt in München-Stadelheim hin und verurteilte Schultze Jahn zu zwölf Jahren Zuchthaus. Um auch in der Nachkriegszeit noch an die „Weiße Rose“ zu gedenken, wurde einer der beiden Plätze vor der Universität nach den Geschwistern Scholl benannt (Geschwister-Scholl-Platz 1). Noch dazu ließ man metallene Flugblätter in den Boden vor dem Eingang der LMU München ein, um sich weiterhin die legendären Flugblattaktionen der „Weißen Rose“ ins Gedächtnis zu rufen.

Nach dem Universitätsbesuch ging es weiter in die Franz-Joseph-Straße 13, in der Hans und Sophie Scholl lebten. Heute befindet sich dort eine Gedenktafel:

„Sophie und Hans Scholl, die unter dem Zeichen der „Weißen Rose“ aktiven Widerstand gegen das Dritte Reich geleistet haben, wohnten von Juni 1942 bis zu ihrer Hinrichtung am 22. Februar 1943 hier im Rückgebäude“.

Unsere Exkursion nach München zeigte uns, dass es sehr viele Menschen gab, die gegen das NS-Regime kämpften und trotz immer wiederkehrender Bedrohungen durch Nationalsozialisten nicht aufgaben. Sie traten stets für ihre Meinung ein, auch wenn sie das ihr Leben kostete.

Amelie Rist , 9m+b

„Das Lied ist aus“ – Henny Brenner im Zeitzeugengespräch

„Wenn uns Überlebende ihre Geschichte erzählen, dann übernehmen wir eine Verantwortung – dafür, dass wir die Erinnerungen an die erlebte Katastrophe aufrecht erhalten und sie anerkennen. Damit schützen wir auch die Überlebenden“ (Mihran Dabag)

Für Henny Brenner, einer Jüdin, die ihre Kinder- und Jugendzeit in Dresden verbrachte, war das Lied trotz Repressionen, Zwangsarbeit und Deportationsbefehl glücklicherweise nicht aus. Von den alltäglichen Katastrophen sowie den überlebensnotwendigen Hoffnungen während der NS-Zeit in Dresden erzählte Henny Brenner (geb. 1924) am 19.01.2017 der gesamten Q 11 und lud die Zuhörer zu einem intensiven Gespräch ein. So berichtete sie über ihre bürgerliche Herkunft, dem Kino des Vaters, in dem der Film „Das Lied ist aus“ lief, sowie ihren Schuljahren. Hier erfuhr sie am eigenen Leib, was Ausgrenzung und Rassenwahn bedeutete. Ein Besuch öffentlicher Schulen war nicht mehr möglich, am öffentlichen Leben durften Juden nicht mehr teilnehmen. Ausgrenzung beginnt im Kleinen. „Seid wachsam!“, mahnte Frau Brenner die Zuhörer, „Demokratie ist verwundbar, sie ist keine Selbstverständlichkeit“, und erinnerte an aktuelle politische sowie gesellschaftliche Entwicklungen.

Eindringlich schilderte Frau Brenner ihr Leben als jugendliche Zwangsarbeiterin im Zeiss-Ikon Werk, das sie täglich zu Fuß in schlechter Kleidung und unter Demütigungen ansteuern musste. Aber sie erinnerte auch an kleine unterstützende Gesten und Taten von Mitbürgen, sei es durch die hoffnungsvoll unterstützenden Worte „Durchhalten, ihr schafft das“ oder durch das Zustecken einer nicht entwerteten Lebensmittelkarte. „Alle, alle hätten so handeln müssen!“, so Henny Brenner. Dass Henny Brenner mit dem Deportationsbefehl in der Hand den NS-Terror überlebte, verdankte sie der Bombardierung Dresdens am 13./14. Februar 1945. Mit im Schuh verstecktem Judenstern konnte sie fliehen, sich verstecken und wurde schließlich von russischen Truppen befreit.

Viele Fragen der Schüler bezogen sich dann auch auf die Zeit nach dem Krieg in der DDR, die Henny Brenner durch Flucht 1952 verließ, um in der BRD Fuß zu fassen. „Ich bin von einer Diktatur in die andere geraten“, deswegen habe sie der DDR den Rücken gekehrt.

Lange noch hätten wir dieses spannende, lebendige Zeitzeugengespräch weiterführen können, das engagiert von Miriam Roller und Lea Putz (beide Q 11) mitmoderiert wurde. Vielen Dank an die beiden Schülerinnen, die das Gespräch gezielt mitgestalteten. Die rege Beteiligung der Schülerinnen und Schüler zeigt, dass Zeitzeugengespräche wichtige Brücken zwischen Generationen schlagen können.

Unser herzlicher Dank gilt Frau Wiecki, die das Zustandekommen des Gesprächs initiierte und maßgeblich unterstützte.

Liebe Frau Brenner! Vielen Dank, dass Sie sich die Zeit für uns genommen haben und keine Mühen gescheut haben, dass wir als Zuhörer gesellschaftliche Verantwortung übernehmen können. Wir werden die Erinnerung aufrecht erhalten!

Alexander Rotter (Fachschaft Geschichte)

„Gefangen in Puchheim“ – Die Ausstellung im Gymnasium Puchheim (Oktober 2014 – Februar 2015)

Was hat unsere Schule mit dem 1. Weltkrieg zu tun? Nichts, möchte man meinen, wenn man auf der Bürgermeister-Ertl-Straße zur Schule fährt, den Pausenhof überquert und die Aula betritt. Genau dann aber betreten wir historischen Boden, der tatsächlich auch geprägt wurde von den Geschehnissen des 1. Weltkrieges, der vor 100 Jahren vom Zaun gebrochen wurde und Europa nahe an den Abgrund führte.

Diesen historischen Boden „beackerte“ Herr Hage, der Macher der Ausstellung „Gefangen in Puchheim“, die vom Oktober 2014 bis Ende Februar 2015 im ersten Stock der Schule zu sehen war, nachdem sie zuvor im PUC zu bestaunen war. Dabei brachte er erstaunliche Fakten und Materialien zutage, die die Rolle Puchheims in den Jahren 1914 – 1921 beleuchten. Der Grund und Boden, auf dem unsere Schule steht, war Teil eines großen Kriegsgefangenenlagers, in dem zeitweise bis zu 16000 russische und französische Soldaten untergebracht waren und verwaltet wurden. Vor der Errichtung des Lagers befand sich auf dem gleichen Gelände das sogenannte „Flugfeld Puchheim“, auf dem die Flugpioniere ihre ersten Kreise zogen. Dieses wurde dann aus Geldnöten 1914 an den bayerischen Staat verkauft und zum Kriegsgefangenenlager umfunktioniert und ausgebaut.

Die Ausstellung zeigt viele Facetten des Alltagslebens im Lager, aber auch in lagerfernen Einsatzorten, an den die Kriegsgefangenen Arbeit leisten mussten. Dass sie hierfür mit eigens geprägtem Lagergeld bezahlt und der Haager Landkriegsordnung entsprechend ordentlich (will heißen menschlich) behandelt und versorgt wurden, belegen die vielen Photographien und Akten (Lagerbefehle, Berichte etc.). Der erste Weltkrieg war eben kein ideologisch geprägter Vernichtungskrieg wie der 2. Weltkrieg, in dem millionenfacher Mord tobte.

Mit Hilfe der Ausstellung konnte Lokalgeschichte erlebbar gemacht werden. So bot es sich an, in Vertretungsstunden einen Blick auf die Rollups zu werfen oder mit der eigenen Klasse die Ausstellung zu besuchen.

Besonders interessant im Rahmen der Ausstellung war das Projekt „Schüler führen Schüler“. Schülerinnen und Schüler aus der Q11, der jetzigen Q12 (Hannah Lehmann, Marina Katschi, Ramona Friemel, Toska Wiedemann, Nicolai Zahoransky und Tobias Schulze) beschäftigten sich intensiv mit dem Thema und der Ausstellung. Nach einem ausführlichen „Briefing“ durch Herrn Hage vor Ort betreuten und führten diese verschiedenste Schülerklassen durch die Ausstellung im PUC. Es zeigte sich hierbei eine sehr große Akzeptanz seitens der Schülerinnen und Schüler der Besuchergruppen. Beide Seiten, die Besucher sowie die Führer, konnten dabei viele Erkenntnisse mitnehmen. Das Angebot „Schüler führen Schüler“ wurde auch bei uns in der Schule angeboten und angenommen. Vielen Dank an dieser Stelle an die Beteiligten!

Der Dank geht auch an Herrn Hage sowie an den Kulturamtsleiter Herrn Kaller vom Puchheimer Kulturcentrum, die es ermöglicht haben, die Ausstellung in der Schule zeigen zu können.

Wir hoffen, weitere interessante Ausstellungen zur Puchheimer Geschichte in die Schule bringen zu können.

Alexander Rotter für die Fachschaft Geschichte